In Bezug auf das Problem der Staatenlosigkeit bestimmter Bevölkerungsgruppen gab es 2017 nur geringe Fortschritte. Schwangerschaftsabbrüche waren weiterhin grundsätzlich strafbar. Die Polizei wandte nach wie vor exzessive Gewalt an. Die geschlechtsspezifische Gewalt nahm weiter zu.
Hintergrund
Die Dominikanische Republik war von mehreren Naturkatastrophen betroffen, die 2017 die Karibik heimsuchten. Nachdem in der ersten Jahreshälfte heftige Regenfälle für Überschwemmungen gesorgt hatten, zogen im September zwei starke Wirbelstürme über das Land. Dabei entstanden schwere Schäden an Häusern, Brücken und Straßen, und Zehntausende Menschen wurden zeitweise obdachlos. Wie viele andere kleine Inselstaaten des Globalen Südens ist die Dominikanische Republik besonders stark vom Klimawandel betroffen, der nach Ansicht von Wissenschaftlern für die zunehmend extremen Wetterlagen verantwortlich ist. Am 21. September 2017 ratifizierte das Land das UN-Klimaübereinkommen von Paris.
Berichte, wonach mehrere Staatsfunktionäre Bestechungsgelder des brasilianischen Bauunternehmens Odebrecht erhalten haben sollen, lösten landesweite Massendemonstrationen gegen Korruption aus, die von der zivilgesellschaftlichen Bewegung Marcha Verde (Grüner Marsch) organisiert wurden. Im September veranstaltete die Interamerikanische Menschenrechtskommission eine öffentliche Anhörung zum Thema „Menschenrechte und Berichte über Straflosigkeit und Korruption in der Dominikanischen Republik“.
Im Mai 2017 besuchte die UN-Sonderberichterstatterin über den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie das Land. Sie rief die Regierung nachdrücklich auf, den Kinderschutz ins Zentrum jeglicher Tourismusstrategie zu stellen.
Diskriminierung – staatenlose Personen
Die Dominikanische Republik erfüllte weiterhin nicht ihre internationalen Menschenrechtsverpflichtungen gegenüber zahlreichen im Land geborenen Menschen, denen im September 2013 die dominikanische Staatsbürgerschaft rückwirkend und willkürlich entzogen worden war.
Das im Mai 2014 erlassene Gesetz 169-14, mit dem das Problem gelöst werden sollte, wurde nur unzureichend umgesetzt. Offiziellen Angaben zufolge erhielten lediglich 13500 Personen ausländischer Abstammung, deren Geburt ursprünglich im dominikanischen Personenstandsregister erfasst worden war (sogenannte Gruppe A), ein Ausweisdokument, das ihre dominikanische Staatsbürgerschaft bescheinigte. Die Gruppe A umfasste insgesamt jedoch schätzungsweise 61000 Personen. Währenddessen wurden die ursprünglichen Geburtsurkunden vieler Personen für ungültig erklärt. Ihre neu ausgestellten Urkunden wurden in ein getrenntes Personenstandsregister eingetragen, ohne dass die notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden, um weitere Diskriminierung zu verhindern.
Der im Gesetz 169-14 vorgesehene Einbürgerungsprozess von im Land geborenen Personen ausländischer Abstammung, deren Geburt nicht im Personenstandsregister eingetragen worden war (sogenannte Gruppe B), kam 2017 nicht voran. Von den schätzungsweise 53000 Personen, die offiziellen Angaben zufolge zur Gruppe B gehörten, konnten 8755 Personen (also etwa 16 %) einen Antrag stellen. Davon waren bis Ende 2017 lediglich 6545 von den Behörden registriert worden. Das Gesetz verlangte zudem, dass die Antragsteller nach der erfolgreichen Registrierung eine zweijährige Wartezeit einhalten mussten, bevor sie offiziell die Einbürgerung beantragen konnten. Soweit bekannt, war bis zum Jahresende noch niemand gemäß diesem Prozesses eingebürgert worden. In Ermangelung einer anderen Staatsangehörigkeit blieben somit die meisten Personen weiterhin staatenlos.
Während des gesamten Jahres 2017 unternahmen die Behörden nichts, um neue Lösungsansätze zu diskutieren, zu entwerfen oder umzusetzen, um Zehntausenden in der Dominikanischen Republik geborenen Personen, die nicht unter die Bestimmungen des Gesetzes 169-14 fielen, das Recht auf Staatsbürgerschaft zu gewährleisten. Davon betroffen waren insbesondere die restlichen 84 % der Gruppe B sowie jene, die das Gesetz von 2014 nicht erfasste.
Angesichts dieser Situation nahm die Interamerikanische Menschenrechtskommission die Dominikanische Republik in Kapitel IV.B ihres Jahresberichts auf, in dem die Länder aufgeführt wurden, deren Menschenrechtslage besonderer Aufmerksamkeit bedarf.
Bis zum Jahresende war kein einziger Staatsbediensteter wegen diskriminierender Praktiken bei der Registrierung von Personen und der Ausstellung von Ausweispapieren zur Verantwortung gezogen worden. Dies galt auch für den massenhaften Entzug der Staatsbürgerschaft im Jahr 2013. Den von Staatenlosigkeit betroffenen Personen wurden weiterhin eine Reihe von Menschenrechten vorenthalten. So hatten sie u. a. keinen Zugang zu höherer Bildung, zum formalen Arbeitsmarkt und zu angemessener Gesundheitsversorgung.
Polizei und Sicherheitskräfte
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft töteten Sicherheitskräfte zwischen Januar und Oktober 2017 insgesamt 110 Personen. In vielen Fällen deuteten die Umstände darauf hin, dass es sich um rechtswidrige Tötungen handelte. Die Mordrate im Land war weiterhin hoch. Im ersten Halbjahr 2017 gab es fast 16 Tötungen pro 100000 Einwohner. Medienberichten zufolge ging die Polizei wiederholt mit unnötiger und unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestaktionen vor.
Rechte von Flüchtlingen und Migranten
Die Behörden hatten einen Großteil der Anträge immer noch nicht bearbeitet, die im Rahmen des Nationalen Plans zur Legalisierung von ausländischen Staatsangehörigen ohne regulären Aufenthaltsstatus (Plan Nacional de Regularización de Extranjeros en Situación Migratoria Irregular) in den Jahren 2014 und 2015 gestellt worden waren. Die Behörden verlängerten deshalb im Juli 2017 die befristete Aufenthaltserlaubnis, die registrierte Personen erhalten hatten, um ein weiteres Jahr.
Sexuelle und reproduktive Rechte
Die Dominikanische Republik war weiterhin eines der wenigen Länder weltweit, in denen ein absolutes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen galt.
Im Mai 2017 stimmte der Senat gegen einen von Präsident Danilo Medina Sánchez unterstützten Vorschlag zur Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Am 11. Juli lehnte die Abgeordnetenkammer die Entscheidung des Senats jedoch ab und eröffnete damit die Möglichkeit künftiger Reformen, die die Rechte von Frauen und Mädchen schützen.
Im August 2017 wurde bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission eine Beschwerde eingereicht, um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung im Fall von Rosaura Almonte Hernández (bekannt unter dem Namen „Esperancita“) zu erlangen, die 2012 aufgrund der restriktiven Gesetzgebung bezüglich Schwangerschaftsabbrüchen gestorben war. Der 16-Jährigen war in der siebten Schwangerschaftswoche mehrere Tage lang die lebensnotwendige Behandlung einer Leukämie verweigert worden, so dass sie kurz darauf starb.
Eine Untersuchung der NGO Women’s Link Worldwide, die im August 2017 veröffentlicht wurde, stellte fest, dass in der Dominikanischen Republik im ersten Halbjahr 2017 alle zwei Tage eine Frau an Komplikationen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft gestorben war, weil es an qualifizierter Gesundheitsfürsorge für Schwangere mangelte.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Offiziellen Angaben zufolge stieg die Zahl der Tötungen von Frauen und Mädchen im ersten Halbjahr 2017 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 21 % an.
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche
In der Dominikanischen Republik existierten nach wie vor keine gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung von Hassverbrechen. Im Juni 2017 wurde der zerstückelte Körper der Transfrau Jessica Rubi Mori auf einem brachliegenden Grundstück aufgefunden. Bis zum Jahresende war niemand wegen des Verbrechens vor Gericht gestellt worden.
Berichte von Amnesty International
Dominican Republic: What does it take to solve a statelessness crisis? (News story, 23 May)
Dominican Republic: Vote against decriminalization of abortion, a betrayal to women (Press release, 1 June)
República Dominicana: Amnistía Internacional y Oxfam llaman a Cámara de Diputados a garantizar derechos de las mujeres (AMR 27/6605/2017)
Dominican Republic: Further information – Congress rejects regressive abortion reform (AMR 27/6724/2017)
Dominican Republic: Further information: Abortion vote pending after President’s veto (AMR 27/5478/2017)
Dominican Republic: Horrifying killing of transgender woman highlights need for protection against discrimination (News story, 6 June)